Am 18. Oktober jährte sich der Start der sozialen Unruhen 2019 in Chile zum vierten Mal. Dabei ging es anfangs um hohe Fahrpreise im Nahverkehr, später um soziale Missstände und die Regierung. Tausende von Menschen wurden bei den Protesten verletzt und es kam zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch chilenische Polizeikräfte. Hunderte trugen schwere Augenverletzungen durch Gummischrot und Tränengas davon.
Es gab Berichte von Folter und sexualisierten Übergriffen an gefangengenommenen Demonstrierenden. Die meisten der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurden von den Polizeikräften – Carabineros genannt – begangen.
Im Jahr 2020 veröffentlichte Amnesty International einen englischsprachigen Bericht, in dem Fallstudien und Augenzeugenberichte darauf deuten, dass die wiederholte unnötige und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt eine gezielte polizeiliche Maßnahme war und keine isolierte Verfehlung einzelner Beamt*innen, die Befehle ihrer Vorgesetzten missachteten.
Die Menschenrechtsverletzungen durch Polizeikräfte im Zusammenhang mit den sozialen Unruhen hatten nach Angaben des Nationalen Menschenrechtsinstituts zu 10.568 Anzeigen geführt. Bis Ende 2022 hatte die Staatsanwaltschaft jedoch nur 127 Anklagen erhoben. In 27 Fällen kam es zu Verurteilungen, acht weitere Fälle endeten mit einem Freispruch. Bis heute wurde gegen keine der Führungskräfte der Carabineros Anklage erhoben, die während der Unruhen im Amt waren.
Amnesty International fordert deshalb dazu auf,
- bei Vorliegen ausreichender Beweise unverzüglich Anklage gegen die Führungskräfte der Carabineros zu erheben, die für die begangenen Straftaten und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein könnten.
- die Verantwortlichen in einem fairen Verfahren mit allen verfahrensrechtlichen Garantien zur Rechenschaft zu ziehen.
Im Anhang findet ihr die Appelle an den zuständigen Staatsanwalt Xavier Armendáriz und an die Botschaft in Berlin. Das Schreiben an die Botschaft kann auch per E-Mail an echile.alemania@minrel.gob.cl gesendet werden.